Gedanken zur WM in Katar – ein Beitrag der Queer-AG

Die Fußballweltmeisterschaft in Katar wird von vielen Seiten kritisiert und das aus guten Gründen: Die Vergabe der WM an einen Staat wie Katar – ein Staat, der Gastarbeiter wie Sklaven hält und ihnen Pässe abnimmt, sodass sie kaum eine Möglichkeit haben, der Situation wieder zu entkommen; der Arbeiter für Stadien sterben lässt, die danach nie wieder benötigt werden, weil Katar kaum eine Fußballtradition hat; in dem Peitschenhiebe als Strafe immer noch praktiziert werden und der aufgrund seiner Größe auch überhaupt nicht die nötige Infrastruktur für eine solche Veranstaltung hat, weswegen „Shuttle-Flüge“ in benachbarte Länder organisiert werden – zeigt ganz klar wie korrupt der Profifußball ist.

Neben all diesen schon genannten katastrophalen Zuständen gibt es aber auch noch das große Thema der Rechte von Frauen und queeren Personen in Katar, das uns in unserer AG natürlich besonders am Herzen liegt.
(Mir ist allerdings wichtig zu erwähnen, dass dies natürlich in keinster Weise bedeutet, dass die eben schon kürzer angesprochenen Themen weniger diskussionswürdig oder wichtig sind.)

Bei LGBTQIA+ Personen ist man mit dem Aufzählen der Rechte ganz schnell fertig – es gibt nämlich keine! Queere Personen sind laut WM-Botschafter Khalid Salman „geistig geschädigt“ und wer als Fan ins Land kommt, der könne natürlich gerne queer sein, solle aber doch bitte die katarische Kultur und die Gesetze respektieren – die jedoch besagen, dass man nicht queer sein darf.

Journalisten gaben sich als schwules Paar aus und fragten in katarischen Hotels nach Zimmern. Eines machte laut Spiegel die Aussage, dass man gegen Landespolitik verstoße, wenn man „sich schminkt und homosexuell kleidet“. „Anständig gekleidet und ohne sexuelle Handlungen“ sei das Paar aber willkommen (https://www.spiegel.de/sport/fussball/mehrere-wm-hotels-in-katar-lehnen-homosexuelle-gaeste-ab-rechercheskandinavischer-journalisten-a-ac539182-7e11-4103-87a1-6bfd285fd272). Mal abgesehen davon, dass man nicht schwul sein muss, um sich zu schminken und sich nicht schminkt, nur weil man schwul ist und dass es keine „homosexuelle Kleidung“ gibt -Kleidung hat kein Geschlecht und erst recht keine Sexualität – ist das natürlich eine recht interessante Aussage, die prägnant zusammenfasst, was Katar eigentlich meint, wenn es sagt, dass es möchte, dass Besucher seine Kultur respektieren: Wenn ihr LGBTQIA+ Personen seid, dann kommt, wenn ihr meint, weil das bringt uns Sichtbarkeit in der Welt und wenn ihr eine gute Zeit habt, dann können wir behaupten, Leute aus eurer Community gut zu behandeln, aber bitte lasst eure LGBTQIA+ Identität zuhause.
Dass man seine Identität nicht einfach so abstellen kann und diese auch keine Geisteskrankheit ist, dürfte wohl inzwischen jedem vernunftbegabten menschlichen Wesen klar sein. Mehr noch: gerade diese Vorstellung führt zu mannigfaltigen psychischen Problemen und befeuert die Diskriminierung, die Menschen in der Community erfahren, massiv.

Doch auch das Thema Frauenrechte kommt in Katar nicht gut weg: Wenn man als Frau  beispielsweise die Dreistigkeit besitzen solltest, außerehelichen Geschlechtsverkehr zu haben, so drohen Haft und Peitschenhiebe. Auch wenn die Person, mit der dieser Geschlechtsverkehr stattgefunden hat, der eigene Vergewaltiger war. Es genügt seine Aussage, mit der Frau in einer Beziehung gewesen zu sein (https://www.spiegel.de/sport/fussball/katar-keine-peitschenhiebe-und-haft-fuer-wm-mitarbeiterin-a-b65e2ebd-c8a947ad-a569-e646a2f92590)
Dass Frauen in Katar verschleiert sein müssen, fällt da schon kaum mehr ins Gewicht. Ein Freund des katarischen WM-Botschafters Khalid Salman erklärte im Interview mit ZDF-Journalist Jochen Breyer dieses System folgendermaßen: Wenn man zwei Süßigkeiten vor sich habe, eine verpackte und eine unverpackte, bei der man nicht wisse, ob sie jemand berührt oder gar hineingebissen habe, welche nähme man? Darauf entgegnete Breyer: „Wahrscheinlich die verpackte.“ Doch der Journalist stellt sofort klar: „Aber Frauen sind ja keine Süßigkeiten!“  (https://www.zdf.de/dokumentation/zdfzeit/zdfzeit-geheimsache-katar-100.html bei 20:26)

Generell können Frauen in Katar nicht über ihr eigenes Leben bestimmen, denn hier gibt es ein System männlicher Vormundschaft: „Human Rights Watch stellte fest, dass Frauen in Katar die Erlaubnis ihres männlichen Vormunds einholen müssen, um zu heiraten, mit einem staatlichen Stipendium im Ausland zu studieren, in vielen staatlichen Berufen zu arbeiten, bis zu einem bestimmten Alter ins Ausland zu reisen und bestimmte Formen der reproduktiven Gesundheitsversorgung in Anspruch zu nehmen. Das diskriminierende System verweigert Frauen auch die Befugnis, die Vormundschaft für ihre Kinder zu übernehmen, selbst wenn sie geschieden sind und das Sorgerecht haben. Diese Einschränkungen verstoßen gegen die Verfassung Katars und gegen internationales Recht.“ (https://www.hrw.org/news/2021/03/29/qatar-male-guardianship-severely-curtails-womens-rights)

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die WM eigentlich niemals in Katar hätte stattfinden dürfen. Es gab Einschätzungen der FIFA, dass 50°C nicht optimal für Fußballspiele seien. Clever kombiniert, allerdings völlig irrelevant, da Katar zur Wahl zugelassen wurde. Warum? Das kann niemand plausibel erklären, es könnte allerdings mit Geld zu tun haben. Außerdem wurden die Spiele dann in den Winter verlegt, nachdem Karl-Heinz Rummenigge einen Ausflug nach Katar machte und mit zwei Rolex-Uhren zurückkehrte, die ihm ein Freund geschenkt haben soll.
Somit hat Katar jetzt genau das erreicht, was es wollte: Sich die WM einzukaufen. Dass auch schon die vorherigen Wahlen zum Austragungsland nicht lupenrein waren, ist nicht überraschend, aber einem Land wie Katar den Zuschlag zu geben, geht wider aller moralischen Grundsätze und entbehrt völlig der hochgelobten Kameradschaftlichkeit des Mannschaftssports Fußball.
Es ist am Ende einfach abstoßend zu sehen, wie reiche Menschen über Leichen gehen um noch reicher zu werden, die große Frage ist nur: Wird der Fußball sich das gefallen lassen?
Es ist zu befürchten, die Antwort lautet: Ja.

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